Dieses Konzert der Reihe Die rote Brille-Kammerkonzert mit dem Titel „Fuga dal Getto“ wurde wegen der Pandemie mehrmals verschoben, sodass es mit eineinhalb Jahren Verzögerung schließlich doch aufgeführt wird. Dabei mussten wir alle genau das erleben, was uns hier empfohlen wird: wir haben unsere „Komfortzone verlassen, und uns bestmöglich an die neuen Bedingungen angepasst“. Manch einer im direkt danach folgenden Kriegszustand muss sich auch geografisch ein neues Zuhause schaffen. Komponist MAXIM SELOUJANOV hat dies schon vor 30 Jahren getan, als er von Russland nach Österreich kam, um hier Komponist der Neuen Musik zu werden. Offensichtlich ist für ihn die Lust der Suche, der Neuentdeckung und der gemeinsamen Aneignung unendlich, so wie für viele zeitgenössische Musiker, seien es Komponisten oder Interpreten.
Deshalb hat er für diese Programmierung mit dem Schweizer DUO DIVERSITAS – bestehend aus der russischen Flötistin EVGENIYA SPALINGER und der Schweizer Gitarristin MARISA MINDER – genau solche gefunden, wobei dieses vielausgezeichnete, seit sechs Jahren bestehende Schweizer Duo an sich aber eher auf „Vielfältigkeit“ des Repertoires ausgerichtet ist, also von Barockmusik, romantischer Musik, Bearbeitung bekannter Stücke bis zu den neuesten Werken, die für das Duo komponiert werden. So eben auch MAXIM SELOUJANOVs „Fuga dal Getto“ aus dem Jahr 2019, das sowohl die Interpreten wie auch das Publikum auffordert, sich dem Abenteuer zu stellen, die Interpretation seiner Noten so „mitzugestalten“, dass sie sich „zuhause“ fühlen.
In gewisser Weise lässt sich diese „Neue Heimat der Neuen Musik“ auch über die drei deutschsprachigen Länder spinnen: die Schweiz, Deutschland und Österreich. Denn in allen drei Ländern finden sich Komponisten mit demselben künstlerischen Antrieb. Einige davon traten auch schon im Roten Salon der OESTIG LSG auf.
Da wären aus der Schweiz (auch) Free-Jazzmusiker MAX EUGEN KELLER, geb. 1947, mit der Uraufführung von “Dialog, Einheit, Kontrast“; der Querflöte studierte ULRICH GASSER (geb. 1950) mit „Herbstkälte im Nebel“ aus dem Jahr 1980; der klassische Gitarrist und selbst Interpret zeitgenössischer Werke, TOBIAS KREBS (geb. 1993), mit „Lumi unelma (Schneetraum)“ aus dem Jahr 2014/2020; sowie der Pianist und Forscher JEAN-JACQUES DÜNKI (geb. 1948) mit „Eiland-Stadt-Ebene“ von 1992.
Aus Deutschland stammen Hamburger ART-OLIVER SIMON (geb. 1966) mit „Miszellen III“ von 2019; und der u.a. klassische Gitarre, Theologie und Philosophie studierte MICHAEL QUELL (geb. 1960) mit „Temps et couleurs“ von 1998.
Aus Österreich kommen neben SELOUJANOV (geb. 1967) Komponisten, die je ein Solo geschaffen haben: REGINA ALFERY / RAIMUND TRIMMEL mit „Move on“ von 2009 für Gitarre; und KLAUS AGER (geb. 1946) mit „Duino 2“ von 2001 für Flöte“.
Ein Mann, der in der „Roten-Brille-Heimat“ verlässlich immer vertreten ist, obwohl er dabei unberechenbarer Weise am Klavier improvisiert, ist Komponist und Pianist WALTER BACO. Er rezitiert außerdem aus seiner selbstgeschriebenen Literatur.
Programm
Max E. Keller - Dialog, Einheit, Kontrast (UA) für Flöte und Gitarre
Mit freundlicher Unterstützung der Fondation Suisa
Regina Alfery/Trimmel, Move on (2009) für Gitarre solo
Ulrich Gasser - Herbstkälte im Nebel (1980)
Art-Oliver Simon - Miszellen III (2019) für Flöten und Gitarre
Tobias Krebs, Lumi unelma (Schneetraum) 2014/2020
Michael Quell, Temps et couleurs (1998)
Jean Jacques Dünki, Eiland-Stadt-Ebene (1992)
Klaus Ager, Duino 2 (2001) für Flöte solo
Maxim Seloujanov, Fuga dal Getto (EA) für Flöte und Gitarre, 2019
gefördert von der SKE der austro mechana und der Stadt Wien
Walter Baco, Klavierimprovisation und Lesung
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ROTE BRILLE Kammerkonzert – Fuga dal Getto,
Kurator: MAXIM SELOUJANOV
Gitarre: MARISA MINDER
Flöte: EVGENIYA SPALINGER
Klavier: WALTER BACO
Literatur: WALTER BACO
Moderation: MAXIM SELOUJANOV
Sa, 25.6.2022, 19h30
Roter Salon der Oesterreichischen Interpretengesellschaft (OESTIG LSG), Wipplingerstraße 20 EG, 1010 Wien
Freie Spende
Reservierungen online oder unter: rotersalon(at)oestig.at