Der diesmalige Kurator der neuen Folge der Kammermusik-Reihe „Die rote Brille“, MAXIM SELOUJANOV, hat sich wieder zu einem sehr mutigen, aber künstlerisch fein aufgebauten Zugang entschlossen: er lässt ausschließlich Soli von zwei Top-Interpreten spielen: vom Kärntner Cellisten ARNE KIRCHER – der Teil des Quarsars-, des Janus-Ensemble und mit seinen beiden Brüdern des Goldberg-Trios ist, und mehrmals, u.a. mit dem MAX-BRAND-Ensemble im Roten Salon der OESTIG LSG aufgetreten ist – sowie von der rumänischen Pianistin mit internationalem Erfolgsrenomée, RALUCA STIRBAT. Die in in ihrer Heimat als Wunderkind gefeierte und in Wien studierte STIRBAT ist bekannt für ihre „brillante Technik und eine reichhaltige Palette an Klangfarben“.
Zweifellos hat man mehr vom Anhören eines Neue Musik-Konzerts, wenn man weiß, welche Inspirationen, bildhaften Motive oder Gedanken einen Komponisten zur Umsetzung verleiteten. Die vom BMUKK 2013 zurecht mit dem Österreichischen Staatspreis „Outstanding Artist Award“ dekorierte und im Roten Salon ebenfalls mehrfach bewährte Österreich-Russin ALEXANDRA KARASTOYANOVA-HERMENTIN wird sich diesmal in ihrer Neuen Musik-„Hommage“ und „Aria“ auf den Barock-Komponisten DOMENICO SCARLATTI beziehen. Offensichtlich passt dazu auch SELOUJANOVs, 2007 komponiertes und jetzt uraufgeführtes „Ein Sujet für Klavier“. Von SELOUJANOV ist man recht anstrengende Werke gewöhnt, die jedoch nie belanglos oder fantasielos sind. Abermals mit dabei ist ein Werk von REGINA ALFERY/RAIMUND TRIMMEL mit dem Titel „Think and Sing“, das die Erkenntnis in drei Teilen weniger aus der Theorie als aus dem entspannenden „Wohlbefinden“ sucht: Auf Gedankensprünge und Verspieltheit folgen freiere Passagen sowie ein Suchen nach der Mitte. Poetisch ist GABRIELE PROY, sie hat zuletzt ihre wunderbare Schmetterlingskomposition im Roten Salon gezeigt: jetzt lässt sie den Schmuckstein „Opal“ in seinen vielen Farben, glasklar, bis fett- und wachsartig, funkeln, was ursprünglich für Flöte und Gitarre und jetzt für Klavier solo geschaffen wurde. Schließlich rundet Rote-Brille-Serien-Mitbegründer WALTER BACO mit seiner obligatorischen Improvisation das reine Klavier-Solo-Programm ab.
Darauf folgen die Stücke für Cello-Solo: Der Deutsch-Brite GERHARDT MÜLLER-GOLDBOOM, der ebenfalls schon im Roten Salon aufgetreten ist, liefert mit „Sabi“ ein sieben-Miniaturen-Werk mit Bezug zur Demutshaltung gegenüber dem Wahrgenommenen im Zen-Buddhismus, wo die hinterlassenen Spuren eine große Rolle spielen: eine musikalische Grundstruktur erfährt also ihre spurenreiche Wandlung. Dramatisch dürfte „Guillotine“ des in Wien lebenden, polnischen Komponisten und Cellisten TOMASZ SKWERES werden: es ist mit einer brutalen, permanenten, rituellen Motorik ein kurzer, letzter Aufschrei vor der absoluten Zerstörung. Mit „L´espressione di non manipolare il mio clima in permanenza“ scheint SELOUJANOV spitzbübisch einen Bezug zur aktuellen Klimadebatte zu nehmen, auf Deutsch: „Ausdruck, mein dauerhaftes Klima nicht beeinflussen zu lassen“. – Dazu wird WALTER BACO bestimmt eine geeignete Lektüre finden.
Programm:
DIE ROTE BRILLE – KAMMERKONZERT,
„Solo pur“ kuratiert von MAXIM SELOUJANOV
Domenico Scarlatti Sonate d-moll L 423
Alexandra Karastojanova Hermentin Hommage an Scarlatti für Klavier
Domenico Scarlatti Sonate d-moll L 488
Alexandra Karastojanova Hermentin „Aria“ für Klavier
Maxim Seloujanov „Ein Sujet“ für Klavier (2007) UA
Regina Alfery/Raimund Trimmel “Think and Sing” (2005) für Klavier
Gabriele Proy „Opal“ Bearbeitung für Klavier (2019)
Pause
Walter Baco spontane Improvisation am Klavier
Gerhardt Müller-Goldboom „Sabi“ für Cello
Tomasz Skweres “Guillotine” für Cello (2016)
Maxim Seloujanov „l’espressione di non manipolare il mio clima in
permanenza“ für Cello solo" (2917/19) UA
Literatur von und mit Walter Baco
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DIE ROTE BRILLE – KAMMERKONZERT,
„Solo pur“ kuratiert von MAXIM SELOUJANOV
Klavier: RALUCA STIRBAT, WALTER BACO
Violoncello: ARNE KIRCHER
Literatur: WALTER BACO
Moderation: MAXIM SELOUJANOV
28.11.2019, 19h30
Roter Salon der Oesterreichischen Interpretengesellschaft (OESTIG LSG), Wipplingerstraße 20 EG, 1010 Wien
Freie Spende
Reservierungen unter: rotersalon(at)oestig.at